Blog: Warum du nicht „gesehen“ und „verstanden“ wirst - Schritte zu einem besseren Verständnis

von Christine Warcup (Kommentare: 0)


Kennst du das? Du spürst, dass ein Gespräch, das du führst, nicht „gut“ läuft. Du hast den Eindruck, der andere hat einen ärgerlichen Unterton. Vielleicht macht er dir auch einen direkten Vorwurf. Vielleicht äußert er auch eine Unzufriedenheit. Oder er sagt immer weniger.

Du fühlst dich unwohl, sagst etwas zum „Sachverhalt“, aber du scheinst nicht verstanden zu werden.

Was macht das mit dir? Wie fühlt sich das an? Neigst du zur Rechtfertigung? Musst du „beweisen“, dass das, was da auch immer „schief“ läuft, nicht deine Schuld ist?

Rechtfertigung enthält immer Angriff

Wann immer so etwas geschieht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir beginnen anzugreifen, denn jede Rechtfertigung enthält einen Angriff.
ICH war es nicht, ICH bin nicht schuld heißt indirekt, DU bist oder warst es oder eine andere Person.

Doch was können wir tun, um den anderen besser zu erreichen, bzw. um besser verstanden zu werden, und zwar in unserem tiefsten Sein, nicht nur auf einer Verstandesebene? Denn das ist es schließlich, was wir uns alle insgeheim wünschen.

Wir meinen, uns schützen zu müssen

Unsere Erfahrung ist in den meisten Fällen, dass wir uns schützen müssen, wenn wir uns nicht verstanden oder gar angegriffen fühlen. Wir meinen, unser tiefstes Inneres verbergen zu müssen, weil wir sonst schwach erscheinen, unsere „Schwäche“ sichtbar wird.

Wir tun das, um nicht wieder verletzt zu werden in unseren sensibelsten Anteilen. Vielleicht haben wir irgendwann entschieden, uns „nie wieder so verletzen zu lassen“. Also verbergen wir, wie wir uns in solchen Situationen fühlen – meist unbewusst. Und beginnen, uns zu rechtfertigen – und damit andere zu beschuldigen. Und spielen Stärke, während wir uns gar nicht stark fühlen.

So sind wir nicht authentisch

Und damit sind wir letzten Endes nicht authentisch, nicht wirklich wahrhaftig. Wir spielen den anderen etwas vor, und oft sind es lange antrainierte Rollen, die wir da spielen.

Und dann ist es nicht verwunderlich, dass wir nicht wirklich verstanden werden, nicht wirklich gesehen werden. Unsere Rollen verhindern genau das, was wir uns im tiefsten Sein wünschen.

Und vielleicht sind wir dann sogar ärgerlich auf den anderen, weil der uns (mal wieder) nicht versteht.

Authentisch sein

Stelle dir einmal vor, du wärst in so einer Situation wirklich authentisch, wirklich wahrhaftig in Bezug auf das, was du fühlst, wie es dir wirklich geht.

Kannst du dir vorstellen, das, was du fühlst, wahrhaftig zum Ausdruck zu bringen?

Wenn eine (meist alte) Angst hoch steigt, zu sagen: Ich spüre eine Angst aufsteigen.

Wenn du merkst, dass du eine (meist alte) Traurigkeit spürst, zu sagen: Ich merke, dass ich traurig bin/werde.

Wenn du merkst, dass Ärger in dir hochkommt, zu sagen: Ich merke, dass Ärger in mir hochkommt.

Nur wir sind für unsere Gefühle verantwortlich

Es sind DEINE Gefühle, und nur du kannst dich um DEINE Gefühle kümmern, ihnen erlauben, in dir zu sein. Nur du bist für diese Gefühle zuständig. Niemand sonst. Denn das, was dich verletzt, dich traurig oder ärgerlich macht, ist für eine andere Person vielleicht gar kein Problem.

Deine Gefühle kann dir niemand absprechen, denn niemand kann wissen, was und wie du fühlst. Für Argumente gibt es meist Gegenargumente. Standpunkte, Meinungen und Überzeugungen können sehr unterschiedlich sein.

Wenn aber Gefühle, vor allem Emotionen im Spiel sind, kannst du die besten Argumente hervorbringen, deine Emotionen werden deine Stimme, deine Tonlage verändern, so dass die emotionale Ladung beim anderen ankommt und nicht unbedingt dein stichhaltiges Argument. Denn dann agierst du nur vordergründig auf der Sachebene.

Zu unseren Gefühlen stehen

Wenn deine Gefühle sehr heftig sind, macht es meist keinen Sinn, das Gespräch in dem Moment fortzusetzen. Dann ist es vielleicht sinnvoller, dich zurückzuziehen, dich um deine Gefühle zu kümmern, also um deine verletzten, ängstlichen oder wütenden Anteile und ihnen die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die sie brauchen.

Und dennoch ist es möglich, auch in so einem Augenblick zu sagen: Ich merke gerade, wie das Gefühl von … in mir hochkommt, ich muss mich erst mal um diese Anteile/Gefühle kümmern.

Die Chance für ein Verständnis auf der Herzebene

Das signalisiert dem anderen: Aha, es sind ihre/seine Gefühle und er/sie ist bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Er/sie macht nicht mich dafür verantwortlich, dass er/sie sich so fühlt, also muss ich mich nicht für etwas rechtfertigen, was nicht in meinem Verantwortungsbereich liegt.

Und da der andere sich nicht vor uns und unserem Vorwurf oder Angriff schützen muss, kann er sich viel eher darauf einlassen, wahrzunehmen, wie es uns geht. Er kann uns viel besser „sehen“.

Und da er sich nicht durch unsere Rechtfertigung oder „Erklärung“ auf der Sachebene in Frage gestellt fühlt, öffnet sich der Raum für sein Mitgefühl und sein Verständnis auf der Herzebene.

Somit haben wir eine sehr viel größere Chance, gesehen und verstanden zu werden.

Das Wichtigste ist jedoch, dass wir uns selbst sehen, all unsere Anteile sehen und wahrnehmen und ihnen erlauben zu sein. Dann müssen wir keine Energie mehr dafür aufwenden, sie zu verstecken, und haben diese Energie für unser präsentes Sein und für erfüllende(re) Begegnungen zur Verfügung.

 

 

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