Blog: „Die Hose ist zu kurz“ – Wege aus der Sucht nach dem Unglücklich-sein

von Christine Warcup (Kommentare: 0)


Bist du glücklich? Kannst du dir erlauben, glücklich zu sein? Nicht nur für einen kurzen Augenblick, sondern länger? Oder findest du gleich wieder einen Grund, nicht glücklich sein zu können, weil irgendetwas „nicht stimmt“, nicht so ist, wie du es brauchst oder möchtest?

Warum können wir nicht einfach glücklich sein? Was hindert uns daran, uns zu erlauben, glücklich zu sein? Und wie können wir das ändern?

Vielleicht meinst du, dass du einen besonders guten Grund hast, unglücklich zu sein, weil jemand dich sehr verletzt hat, dich nicht beachtet, beschämt oder verlassen hat, du Geld oder anderes verloren hast etc.

Ein kleines Beispiel

Ich habe letztens eine Geschichte gehört, die mich sehr nachdenklich gemacht hat. Eine Freundin erzählte mir von einer Heilpraktikerin, die ihr berichtet hatte, wie oft Menschen zu ihr kommen, bei denen eigentlich alles in Ordnung ist, die aber dennoch immer wieder Gründe finden, unglücklich zu sein.

Sie erzählte mir mehrere Beispiele, und eines davon fand ich besonders beeindruckend:
Eine Frau kam zu der besagten Heilpraktikerin und war sehr unglücklich. Auf die Frage nach dem Grund sagte sie, dass ihre Tochter heiraten wolle.

 Die Heilpraktikerin fragte, ob mit der Tochter irgendetwas nicht in Ordnung sei, was die Frau verneinte. Der Tochter ging es gut, sie war gesund und hatte einen guten Job. Daraufhin fragte die Heilpraktikerin, ob der angehende Schwiegersohn das Problem sei. Nein, nein, der sei wunderbar, habe einen guten Job etc.

Ja, was denn dann das Problem sei. Die Frau berichtete: „Mein Mann hat sich eine Hose für die Hochzeit gekauft, und die ist 2 cm zu kurz.

Verdrängte oder unbewusste Angst als Grund für das Unglücklich-sein

Im ersten Moment musste ich lachen. Doch dann hörte ich, was die Frau weiter gesagt hatte: „ Und wie stehen wir jetzt da!“ Da wurde mir klar, dass es nicht die „albernen“ 2 cm Hosenlänge waren, die ihr ein Problem bereiteten, sondern die Angst, verurteilt zu werden, ausgeschlossen und vielleicht sogar zum Gespött der anderen zu werden.

Diese Angst kennen wir alle in den unterschiedlichsten Facetten. Letztlich steht dahinter die Angst, nicht „ (gut) genug“ zu sein und nicht geliebt zu werden. Und dahinter steht ein uraltes Programm in uns, das noch aus der Jäger- und Sammlerzeit stammt: Wenn ich aus meiner Gruppe ausgeschlossen werde, bedeutet das den sicheren Tod.
Unser Stammhirn hat noch nicht gespeichert, dass es in unserem Land soziale Absicherungen gibt und wir nicht sofort dem Tod geweiht sind.

Wir haben eine Wahl

Oft sind es mehr oder weniger kleine, relativ unbedeutende Dinge, an denen wir uns festhalten, um unglücklich zu sein. Jemand hat uns nicht beachtet oder etwas Verletzendes gesagt, und wir halten uns die ganze Zeit mit dem auf, was wir als verletzend oder eben bedrohlich empfinden, statt uns an dem zu erfreuen, was in unserem Leben positiv ist.

Meist  sind es Dinge, die wir nicht ändern können, wo wir uns machtlos oder hilflos fühlen, die uns veranlassen, unglücklich zu sein. Aber selbst wenn es schwerwiegende Gründe sind, unglücklich zu sein, haben wir eine Wahl, wie wir damit umgehen.

Immer wieder kommt mir da das Beispiel, wenn es regnet und wir lieber Sonnenschein hätten. Wir können lamentieren und unglücklich sein oder einen Schirm nehmen, um nicht nass zu werden.

Das heißt, wir haben die Wahl, ob wir mit dem, wie es ist, hadern oder es akzeptieren und nach anderen Möglichkeiten suchen.

Wege aus dem Unglücklich-sein

Ein Punkt ist mir dabei besonders wichtig.
Oft leiden wir lange an einem „Problem“, weil wir ausgiebig darüber nachdenken und/oder reden. Damit halten wir uns jedoch vom Fühlen der damit verbundenen Gefühle ab.

Die unangenehmen Gefühle werden durch das Nachdenken oder das Reden über das „Problem“ immer wieder angeregt und wir leiden. Aber wir wenden uns den Gefühlen nicht wirklich zu.

Auf diese Weise wiederholen wir immer wieder etwas, was wir schon lange kennen: Wir vermeiden ein Gefühl, das wir nie wieder fühlen wollten, weil wir tief in uns die Erinnerung tragen, wie weh das einst getan hat z.B. in der Kindheit, als niemand für uns und unseren Schmerz oder unsere Angst da war, der uns verstanden hätte und uns Sicherheit gegeben hätte.

Und so verhalten wir uns gegenüber unserem Gefühl genauso, wie wir es kennen: Wir schieben es beiseite und wenden uns dem verletzten oder ängstlichen Teil in uns nicht wirklich zu. Damit bleibt er so einsam und verlassen wie eh und je.

Und das können wir ändern. Wir können entscheiden, uns ganz aufmerksam und liebevoll unseren Gefühlen zuzuwenden, sie wirklich zu fühlen, den verletzten Anteilen in uns unsere ganze bewusste Aufmerksamkeit schenken, damit die Energie des Schmerzes, die letztlich nur erstarrte Energie ist, wieder ins Fließen kommen kann und damit heilen kann. Wir können erlauben, dass alter Schmerz und alte Angst sich lösen.

Das „Gute“ in unserem Leben sehen

Wir haben so viel Gutes in unserem Leben, ein Dach über dem Kopf, gesunde Arme und Beine, Augen, mit denen wir sehen können, Ohren, mit denen wir hören können, Essen, einen Schlafplatz, Freunde, oder zumindest einiges davon und noch viel mehr.

Und wir haben die Wahl, ob wir uns immer wieder den „Problemen“ in unserem Leben zuwenden wollen oder den Dingen, für die wir dankbar sein können, für all die Hilfe, die wir in unserem Leben immer wieder erhalten haben, für ein freundliches Wort, für all das Gute in unserem Leben.

Wir wissen, dass wir für vieles dankbar sein können. Dann macht es Sinn, diese Dankbarkeit ebenfalls ganz bewusst zu spüren, damit wir noch mehr in unser Leben ziehen können, für das wir noch dankbarer sein können.

Wie wäre es mit einer kleinen bewussten Dankbarkeitsübung am Morgen? Dann geht die Sonne auf, auch wenn es regnet. Ich kann es  nur empfehlen …

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